Ein Wombat steht im Walde

Hallo Leute,

erstmal ein herzliches Dankeschön für die vielen Emails und Anrufe, die ich nach meinem Leserbrief Anfang dieser Woche erhalten habe. Ich nehme sowohl die Zustimmung als auch die Kritik ernst und werde sie bei meinen kommenden Aktionen in Bezug auf das Biathlonstadion berücksichtigen. Allen, die mich in den letzten Tagen aufgefordert und ermutigt haben am Ball zu bleiben, sei gesagt – das werde ich. Danke auch für die „Insiderinfos“, die man mir in den letzten Tagen hat zu kommen lassen. Das ist ja schon fast wie in einem Spionageroman.

Die Geschichte zieht mittlerweile Kreise weit über den Landkreis Regen hinaus. Viele haben keinen Zugriff auf den Bayerwald Boten. Ich kann aber nicht jedem ein pdf des Leserbriefs per Email senden. Das kriege ich schon rein zeitlich nicht gebacken. Ich stelle den Leserbrief in seiner Urform darum hier ein. Die Redaktion des Bayerwald Boten hat ihn an manchen Stellen leicht gekürzt. Nein, keine Zensur oder ähnliches. Der Text ist halt schon etwas länger und ich möchte mich ausdrücklich bei der Redaktion des Bayerwald Boten für die Veröffentlichung bedanken. Dass der BB das Thema „Biathlonstadion“ heute im Stadtstreicher noch einmal aufnimmt freut mich sehr. Das Thema bleibt präsent. Allen politischen Akteuren im Landkreis sei gesagt – solange sich nichts Grundlegendes an der Mittelverwendung im Bezug auf Sport- und Freizeitanlagen im Landkreis Regen ändert, wird das Thema Biathlonstadion und dessen Finanzbedarf präsent bleiben.
Wer glaubt er kann das aussitzen, sitzt verkehrt auf dem Pferd.

Hier nun der Leserbrief im Bayerwald Boten vom 20. Mai 2019

„Ein Wombat steht im Walde

Ein Wombat steht im Walde, genauer gesagt im Bayerischen Wald. Mit Wombat sind allerdings nicht die putzigen, in Australien beheimateten Beutelsäuger gemeint. Wombat ist die Abkürzung für“ waste of money brain and time“ und treffender kann man das Biathlon Landesleistungszentrum am Großen Arbersee nicht bezeichnen. Seit dem Jahr 2000 fließen in das Biathlonstadion Millionen. Erst 2014 wurden wieder 3 Million Euro verbaut, in den Folgejahren immer wieder sechsstellige Beträge in Beschneiungsanlage, Funktionsgebäude usw. gesteckt worden. Auch der Landkreis Regen und über 20 weitere Gemeinden aus der Region sind über den Förderverein an der Finanzierung dieser Investitionen und des Unterhalts der Stadionanlage beteiligt. So mußte z.B. der Landkreis Regen 2017 zusätzlich zum jährlichen Betriebskostenzuschuß ein Defizit in Höhe von € 211.000 , das sich 2016 aus dem Betrieb Biathlonstadions ergeben hatte übernehmen um den Fortbestand des LLZ zu sichern. Eine stolze Summe für einen der wirtschaftlich schwächsten Landkreise in Bayern. Dabei ist der Landkreis Regen nicht einmal Eigentümer des Biathlonstadions. Vielleicht sollte der oder andere Vereinsvorstand im Landkreis mal mit dem Rechnungsordner unterm Arm bei der Landrätin vorbeischauen – wenn sie nicht wieder im Drogeriemarkt an der Kasse sitzt – und um Übernahme über das Jahr aufgelaufenen Kosten bitten. Warum sollte der neue Zaun um den Dorffußballplatz anders behandelt werden, als der neue Zaun ums Biathlonstadion.
Nun war vor kurzem aus dem Bayerwald Boten zu entnehmen, dass die Arberland GmbH, weitere Investitionen in Höhe von 3 Millionen für das Biathlonstadion fordert um es für internationale Großveranstaltung, wie die IBU Biathlon Europameisterschaft 2022 zu rüsten. Ob es dazu einen Kreistagsbeschluß gibt ist noch zu klären. Der Landtagsabgeordnete Max Gibis (CSU) sicherte bereits seine Unterstützung bei der Beschaffung von Fördergeldern zu. Herr Gibis ist nicht nur Landtagsabgeordneter, sondern auch Präsident des Skiverbandes Bayerwald. Sehr praktisch. Zumindest für den Skiverband. Wenn der regionale Bürgervertreter gleichzeitig Verbandsfunktionär ist, erleichtert das den Zugriff auf die Fördergelder. Zumindest für den entsprechend Verband. Für den Steuerzahler schaut diese Personalunion nicht ganz so positiv aus. Es liegt nahe, dass Herrn Gibis für die Beurteilung der Förderwürdigkeit des Biathlonstadions die nötige Neutralität und Objektivität fehlt. Doch das ist jetzt nur eine Randnotiz. Fakt ist, dass weitere Millionen in ein Projekt fließen sollen, dessen Nutzen für die Region äußerst fragwürdig ist. Welcher Langkreisbürger kann von sich behaupten, dass er einen direkten Nutzen aus dem Biathlonstadion zieht? Profitiert der regionale Tourismus davon, weil mehr Wintersportler wegen des Stadions kommen? Ich habe noch keinen Touri mit einem Gewehr auf dem Rücken in den Skibus steigen sehen. Die Anzahl der aktiven Biathleten ist weltweit verschwindend gering. Sie sind als Tourismus -Zielgruppe irrelevant. Inwieweit eine Positionierung als Biathlonhochburg dem Bayerischen Wald hilft in den Augen der 7,39 Millionen aktiven Alpinskifahrer und 1,98 Millionen aktiven Snowboarder in Deutschland als attraktive Wintersportregion wahrgenommen zu werden ist zu hinterfragen. Wer profitiert nun vom Biathlonstadion am Großen Arbersee? Zum einen natürlich die Biathleten. Aber mit Verlaub. Für die paar Hansel schon wieder 3 Millionen zu verjubeln ist nicht darstellbar. Da wäre dann noch der deutsche Skiverband bzw. die internationale Biathlon Union (IBU). Deren Hauptinteresse ist schon lange nicht mehr der Sport an sich, das Training der Athleten oder die Nachwuchsförderung. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Durchführung von Wettkämpfen auf nationaler und internationaler Ebene. Damit lassen sich Sponsorengelder generieren und der Verkauf von Fernsehrechten spült zusätzlich noch kräftig Kohle in die Verbandskasse. Laut eigenen Angaben wird der Jahresetat der DVS Leistungssport GmbH in Höhe von 30 Million Euro zu 98% aus Marketingeinnahmen gedeckt. Die Verbände haben an den Wettkämpfen mittlerweile hauptsächlich ein wirtschaftliches Interesse. Um diese Wettkämpfe durchführen zu können benötigen sie eine Infrastruktur wie das Biathlonstadion am großen Arbersee. Sie bezahlen diese Infrastruktur aber nicht aus eigener Tasche, sondern lassen sie sich vom Steuerzahler hinstellen.
Um an die Marketingbudgets von BMW, EON, Polar, Erdinger ranzukommen bedient sich die IBU einer Agentur. Die infront sport marketing AG mit Sitz in Zur / Schweiz (Haupteigentümer ist die chinesische Dalian Wanda Group) ist eine international tätige Sport Marketing Agentur. Sie erzielt mit dem Verkauf von Sportrechten Millionen Umsätze und arbeitet auch für die IBU nicht umsonst. Womit wir einen zweiten Player mit wirtschaftlichem Interesse am Biathlonstadion bzw. an dort stattfindenden Großevents haben.
Ohne Stadion kein Biathlon. Ohne Biathlon keine Millionen Zuschauer vor dem Fernseher. Ohne Millionen Zuschauer vor dem Fernseher keine Millionen von BMW, EON, POLAR usw. für infront bzw. den DSV oder die IBU. Kleine Randnotiz: CEO und Präsident der infront Ag ist Phillipe Blatter, Neffe des ehemaligen FIFA Präsidenten Sepp Blatter. Die Welt ist schon verdammt klein .
So, und jetzt wird`s richtig grob. Damit im vom Steuerzahler finanzierten Biathonstadion am Großen Arbersee 2022 eine Biathlon – Europameisterschaft stattfindet, muß der Landkreis Regen € 380.000,00 aufbringen. Das wurde vom Kreistag auch schon abgesegnet. Verband und Marketingagentur machen mit Sponsorenverträgen und Verwertungsrechten Millionen. Statt die Kommune, die ihnen die benötigte Infrastruktur zur Verfügung stellt an den Einnahmen angemessen zu beteiligen sind die Typen so dreist und halten auch noch die Hand auf. Aufwendungen sozialisieren, Gewinne abkassieren – typische Abzockerstrategie. Schlau, aber moralisch fragwürdig.
Um die Forderung zu begründen wird auf die Werbewirksamkeit eines solchen Events für die Region verwiesen. Dass derartige Großveranstaltungen den Bekanntheitsgrad einer Region erhöhen und einen positiven Effekt für das Image haben können ist unbestritten. Im Falle des Landesleistungszentrums am Großen Arbersee ist die jahrelange finanzielle Vorleistung so groß, dass zu bezweifeln ist, dass hier eine adäquate Gegenleistung des Verbandes vorliegt. Zumal der Landkreis in den letzten Jahren mit der Organisation und Durchführung des zweitklassigen und im Hinblick auf Imagegewinn und Kommunikationswert äußerst fragwürdigen IBU Cups tausende von Arbeitsstunden und auch nicht unerhebliche Finanzmittel aufgewendet hat. Bitte nicht falsch verstehen. Damit will ich keineswegs die Arbeit der vielen freiwilligen Helfer, die den IBU Cup erst ermöglichen herabsetzen. Aber man sollte schon mal darüber nachdenken, ob der Landkreis und die vielen Helfer nicht als Zugpferde vor einen Karren spannt werden auf dem ein paar findige Geschäftemacher sitzen, die mit ein paar salbungsvollen Heilsversprechungen (Imagegewinn, Werbewert, Bla Bla Bla) dem Landkreis finanzielles und personelles Engagement abluchsen um damit selbst die fette Kohle einzustreichen.
Man stelle sich nur einmal vor, was man mit den ins Biathlonstadion geflossenen Millionen im Landkreis Regen alles hätte bewegen können. In Regen, Viechtach und Zwiesel besteht großer Sanierungsbedarf in den Frei- und Hallenbädern. Im gesamten Landkreis fehlt es an einer modernen Freizeit – Infrastruktur. Kletterwände, Dirtparks, Pumptracks in den unterschiedlichsten Größen über den ganzen Landkreis verteilt. Ein professionelles Mountainbikekonzept. Eine Förderung von Konzerten und Kultur von und für Junge und Junggebliebene. All das hätte man mit den Millionen schaffen können. Damit hätte man die Region schon vor Jahren enorm aufgewertet. Für Einheimische und Touristen. Der Bayerische Wald leidet jetzt schon stark unter der demografischen Entwicklung. Höchste Zeit um der jungen Generation etwas zu bieten. Die Region für junge Menschen attraktiv zu machen. Doch die meisten Kommunen im Landkreis haben kein Geld für Investitionen, bekommen Stabilisierungshilfe vom Freistaat und müssen ein Sparkonzept vorlegen. Die Sanierung eines Freibades gilt als Luxus. Die Rückzahlung der Stabilisierungshilfe droht. In Langdorf wurde wegen des von der Regierung auferlegten Sparzwangs überlegt Gebühren für die Turnhallennutzung von den Vereinen zu verlangen. Das Zurverfügungstellen einer Turnhalle zählt nicht zu den Pflichtaufgaben einer Gemeinde. Hier kann man sparen. Zählt ein Biathlonstadion zu den Pflichtaufgaben eines Landkreises? Wie kann es angehen, dass der Landkreis Millionen für so ein fragwürdiges Projekt raushaut, während die Landkreisgemeinden, die den Landkreis durch die Kreisumlage mitfinanzieren ihre Turnhallengebühren erhöhen müssen? Wie kann es sein, dass kein Bürgermeister kein Kreisrat, kein Landtagsabgeordneter, kein ehemaliges Mitglied der Bayerischen Staatsregierung, kein Bundestagabgeordneter sich die Mühe macht hier mal genauer hinzuschauen?
Leute, sollte die Politik diesen Irrsinn nicht stoppen, müssen wir die Politik stoppen. Spätestens bei der Kommunalwahl 2020 haben wir die Gelegenheit dazu.

Herbert Hackl , Zwiesel “

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